Vor der Shunt-OP war eine gute Nachricht „er trinkt aus der Flasche“ oder „er bekommt schon 30 ml Muttermilch über den Darm“!

Nach der Shunt-OP heißen gute Nachrichten „die Nieren arbeiten“ und „bisher keine Blutung im Gehirn erkennbar“!

Tag 1 nach der Shunt-OP

Den ersten und zweiten Tag nach der OP nutzen die Ärzte für Feintuning der ECMO. Ziel ist es, dem kleinen Körper maximale Möglichkeiten zur Erholung zu bieten. Über die Fließgeschwindigkeit, die Flüssigkeitsmenge und andere Parameter, die ich nicht verstehe.

Auch mit den ganzen Werten auf den Monitoren kenne ich mich nicht mehr aus, geschweige denn den vielen Medikamenten. Ich verzichte darauf, alles verstehen zu wollen ?

Meine Gedanken zur ECMO waren erst: oh nein! Wenn er so eine Maschine erst mal benötigt!

Inzwischen sind meine Gedanken: oh nein! Was ist, wenn er es ohne die ECMO gar nicht schafft!?

Ziel der Ärzte ist es nun, die eingelagerte Flüssigkeit zu reduzieren. Denn die würde es dem kleinen Herz sehr schwer machen, alleine den gesamten Körper mit Blut und mit Sauerstoff zu versorgen.

Tag 2 nach der Shunt-OP

An Tag zwei ist „neu“, dass der während der OP angeschlossene Herzschrittmacher genutzt wird. Meine Nachfragen ergeben, dass dieser hilft, den Takt aus dem richtigen Ventrikel (der richtigen Herzkammer) zu geben und damit die korrekte Fließ-Richtung vorzugeben.

Inzwischen haben die Kardiologen den eingebauten Shunt, also die neu geschaffene Verbindung von außen, ein wenig verengt. Fragt mich nicht, wie. Aber diese Möglichkeit hatten sie sich offen gelassen. Wenn mir das jemand erklären kann, schreibt mir ne Nachricht ?.

Neu sind mir auch die Menschen, die sich „Kardiotechniker“ nennen und pro Schicht bei jeder ECMO der Station einmal vorbeischauen und die Maschine und die Werte checken. Auch der Kardiotechniker sagte: „Super, alle Werte im Zielbereich.“ Ich kann allerdings bei meinem kleinen Kämpfer überhaupt keine Fortschritte sehen. Die sind anscheinend alle in Blut-Werten und Blut-Gas-Werten abzulesen, aber nicht an der äußeren Erscheinung meines Babys. Mit bleibt nur das Abwarten und Vertrauen in deren Expertise.

Neu an Tag 2 nach der OP war noch eine Stelle am Arm, welche eine deutliche Marmorierung aufweist. An der Stelle erschwert ein Zugang anscheinend die Durchblutung. Der leitende Oberarzt und der Diensthabenden Arzt fachsimpeln. Da aus dem Zugang anscheinend die Blut-Gas-Werte ermittelt werden, kann er nicht in der Nähe anderer Zugänge gelegt werden. Aber mehr „Platz“ für Zugänge ist am Kind nicht. Also wird der Zustand des Arms weiter beobachtet und bei Verschlechterung des Zustands doch noch verlegt werden müssen. Da die Entscheidung nicht mehr getroffen wird, gehe ich.

Es ist 21:15 Uhr und ich muss noch Milch pumpen. Und auch dringend mal wieder liegen. Ich sage nur „Wochenbett“.

Tag 3 nach der Shunt-OP

Die Durchblutung des Arms ist besser geworden! Er sieht rosiger aus und auch die gestern noch besorgte Pflegerin ist zufrieden (für mich ein verlässlicheres Zeichen als die Aussage eines Arztes ?).

UND die Herzfrequenz ist viel besser geworden! Der Schrittmacher wurde entfernt! Anders gesagt: Das Herz unseres Herzkindes schlägt in SEINEM Takt! Ist das nicht großartig? Auch, wenn noch alle Maschinen angeschlossen sind…

Außerdem sind die Gesichtszüge schon wieder erkennbar, obwohl das Herzkind immernoch ganz schön aufgeschwemmt ist.

Aber langsam wird auch für uns „Laien“ erkennbar, dass sich die ein oder andere Besserung einstellt!

Tag 4 nach der Shunt-OP

Alle 4 Tage werden aus hygienischen Gründen die ECMO Gerätschaften getauscht.

Der Professor der Herzchirurgie nutzt die Gelegenheit ein wenig zu experimentieren. Denn wenn das Herzkind mit der aktuellen Shunt-Größe seine Ziel-Sättigung von ca. 80% erreicht, dann könnte die ECMO auch ausgebaut werden, anstatt getauscht…

Er bittet die Kardiotechniker den Sauerstoff an der ECMO abzustellen und die Sauerstoffsättigung sinkt…der Professor macht derweil ne Runde bei den anderen Betten.

Bei 88% bin ich noch nicht nervös, aber die Kardiotechniker ? die wussten wohl nicht, dass wir als Ziel eine Sättigung von 80% haben ? also haben die ganz nervös den Sauerstoff wieder angedreht.

Bis der Prof zurückkommt und nun auch den Kardiotechnikern den Plan erklärt: wenn das Herzkind an der ECMO ohne Sauerstoff sich bei 80% Sauerstoffsättigung einpendelt, dann auch ohne ECMO und man könne anstatt eines Austauschs auch einen Ausbau vornehmen.

Sinkt die Sättigung unter 80% müsste der Shunt wieder verbreitert werden, also eine Klemme wieder gelockert werden. (Inzwischen hab ich mich getraut doof nachzufragen ?).

Der kleine Kämpfer sinkt mit seiner Sauerstoffsättigung dann noch bis in die Mitte der 70% und der Professor bricht das Experiment ab. Eigentlich hätte er die Öffnung des Shunts und den Ausbau der ECMO oben im Zimmer machen wollen. Da aber auch der Junge im Nebenbett nicht ganz stabil ist, verlegt er die Aktion auf morgen und in den OP.

Puh. Was für ein Vormittag. Während nun doch die ECMO getauscht wird, gehe ich in unser „Zuhause auf Zeit“. Mittagspause und Schichtwechsel mit meinem Mann. Ich gebe zu, das „Experiment“ war ganz schön nervenaufreibend ?

Bis zum Abend ist der kleine Kämpfer noch mal schmaler geworden und es sind sogar alle Blutdruck-Medikamente angehalten, bzw. auf Standby.

Der Professor ist wieder da. Dieses mal im Hemd. Wahrscheinlich hat er heute Abend noch eine Verabredung, schaut aber trotzdem noch einmal bei seinen Herzkindern vorbei. Also bin ich passend da, um seine Planung für morgen mitzubekommen.

Trommelwirbel. Oder mit anderen Worten: Mir wird ein wenig schlecht vor Nervosität. ?

Morgen Mittag möchte der Professor den Shunt erweitern und die ECMO ausbauen. Im Zimmer.

Für Menschen, die zu viele Bilder in den Kopf bekommen, bitte diesen Part einfach überlesen. Der Professor pult also morgen das großflächige Pflaster vom offenen Brustkorb. Schnappt sich die Klemme, die er um die neue Verbindung zwischen Pulmonalarterie und Aorta geklemmt hat und öffnet diese ein bisschen, damit über die Verbindung die Lunge noch mehr mit Blut versorgt wird. Dann beobachtet er, inwieweit das Herzkind damit die Sättigung bei ca. 80% halten kann. Und wenn das klappt, werden die Schläuche der ECMO von den Herzgefäßen getrennt. Und am Ende klebt er wieder ein großes Pflaster auf den Brustkorb.

Ich bezweifle, dass ich morgen Mittag entspannt Mittagspause machen kann. Und ich bin froh, dass mein Mann morgen früh „Schicht“ hat. ?

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