Ich gebe zu, wir haben noch kein erkennbares Hilfsmittel im Haus. Und trotzdem hab ich den Gedanken „Oh nein! Ein Hilfsmittel!“ schon durchlebt und durchdacht. Mehrfach. Und mir graut es auch vor dem ersten „sichtbaren“ Hilfsmittel.

„Ohje. Wenn wir das Monstrum von Therapiestuhl im Haus haben, erkennt es jeder sofort. Dass er extrem entwicklungsverzögert ist. Dass er eventuell behindert ist. Ich habe keine Lust auf die erschrockenen und mitleidigen Blicke!“

Jedes Mal an seinen Zustand erinnert werden, wenn ich das Hilfsmittel sehe? An die Tage im Krankenhaus nach der Reanimation und die Schlaganfällen denken. Was-wäre-wennGedankenschleifen?

Brauchen wir, braucht er das wirklich? So meine Gedanken.

Von Frau Doktor im SPZ darauf angesprochen, dass wir vielleicht bald einen besonderen Stuhl benötigen, wenn er mit uns am Tisch sitzen will, wiegele ich den Vorstoß schnell ab. „Zum Glück haben wir ein kleines Baby und kommen noch lange mit den normalen Baby-Hilfsmitteln aus!“ ?

Noch passt das Herzkind in die Babyschale vom Stühlchen!

Hilfsmittel können helfen. Gleichzeitig halten uns Hilfsmittel ständig vor Augen, dass es bei uns anders ist, als bei anderen Familien mit einem 8 Monate alten Baby. Da ist sie wieder, die Gleichzeitigkeit.

Und mittendrin tanzen meine Glaubenssätze zum Thema Behinderung wieder Samba. Wird er ein glückliches und erfülltes Leben haben? Wird er Teil der Gesellschaft sein? Wie soll das gehen, wenn er schon mit Hilfsmitteln als Stigmata ins Leben startet? Ist die Gesellschaft schon weit genug?

Kann ich mein Leben genießen? Kann ich mir der Stigmatisierung leben?

Puuuh! Ich dachte ich hätte da aufgeräumt! ?

Unsere bisherigen Hilfs- und Therapiemittel? Lest selbst!

Hilfsmittel Nr. 1 – der Spielbogen

Waaaas? Der Spielbogen als Hilfsmittel? Ja, irgendwie schon. Quasi Therapie-Mittel.

Als ich den neuen Spielbogen bestellt habe, war das Herzkind 7 Monate alt. In dem Alter hat die große Schwester im Stühlchen am Tisch gesessen und erste Essensbrocken in den Mund gestopft (oder runtergeworfen). Sie konnte sitzen und krabbeln. Spielzeug greifen und weitergeben. Vorbeilaufende Hunde erkennen und darüber lachen. Sie hat keine Sekunde still gelegen. Auch nicht unter einem Spielbogen. Ihr Spielbogen stand längst im Keller.

Dieser „normale“ Spielbogen hatte für das Herzkind zu wenig Möglichkeiten zur Förderung des Sehens und der Motorik. Der alte Spielbogen hatte das Motto: „bleib mal kurz hier liegen“, während Mama Wäsche, Essen oder anderes macht.

Und so war es November als ich erkannte, dass die Entfernung des alten Spielbogens nicht zur Sehfrühförderung geeignet ist. Dass ich wenig Abwechslung bieten kann. Dass er einfach nur hübsch, aber nix für unser Herzkind ist.

So viel Gedöns, so viele Möglichkeiten!

Und so habe ich einen Spielbogen gesucht und gefunden, der uns noch lange begleiten wird. So lange, wie die Babyzeit des Herzkindes dauern mag. Und ich freue mich jetzt schon darauf, dass er irgendwann nicht mehr drunter liegen bleibt. Nur dass er für diesen Meilenstein jede Zeit der Welt bekommt!

Der tolle Spielebogen ist von Lovevery. Und wenn du über diesen Link kaufst, bekomme ich eine kleine Provision:

Play Gym by Lovevery

Hilfsmittel Nr. 2 – die Sehfrühförderungs-Basteleien

Zugegeben. In einem Haushalt mit einer Dreieinhalbjährigen, fallen schrille Basteleien nicht auf. Und glücklicherweise haben wir auch kein minimalistisch eingerichtetes Haus, in dem jede neue Deko direkt ins Auge springt. Aber trotzdem erinnert mich jede Bastelei von mir – die hier wirklich an jeder Ecke hängen und stehen – daran, was das Herzkind schon alles sehen und erkennen können müsste.

Wie das glitzert!

Noch sind die Momente, in denen er mich zu fixieren und erkennen scheint rar. Und abhängig von unserem Abstand, den allgemeinen Lichtverhältnissen, der Müdigkeit des Herzkindes. Nur alle 2-3 Tage ernte ich ein kurzes scheues Lächeln.

Meine Gedanken bei jedem Ablegen oder Positionieren: „Wie ist das Licht? Was kann er hier entdecken? Ist es förderlich, ihn so hinzulegen?“

Verbunden mit einem: „Hoffentlich kann er das Defizit im Sehen bald aufholen!“

Und immer wieder klopfen leise die Glaubenssätze an, wenn der Gedanke „was, wenn nicht?“ aufpoppt.

Hilfsmittel Nr. 3 – der Wickeltisch als Physio-Liege

Sogar das Herzkind hat es schon verstanden. Liegt es normal auf dem Wickeltisch, ist alles safe. Lege ich ihn quer hin, wird es anstrengend.

Und so ist auch für uns der Wickeltisch beides. Normales Möbel im Haushalt mit Baby und als Therapie-Liege ein Hilfsmittel.

Noch ist der Tisch breiter, als das Kind lang ist!

In meinem Kopf der Gedanken: hoffentlich brauchen wir keine Physio mehr, wenn er für den Wickeltisch zu groß ist!

Noch kann ich ihn denken, den Gedanken. Der Wickeltisch reicht noch eine Weile. Wir haben noch Zeit, ehe uns die Realität da einholt. Ich darf noch eine Weile naiv bleiben.

Hilfsmittel Nr. 4 – der Fahrradanhänger als Kinderwagen

Mit dem aktuellen Entwicklungsstand müsste das Herzkind eigentlich noch in die Wanne eines Kinderwagens. Eigentlich.

Aber zum Glück sind wir keine Kinderwagen-Familie. Erst wurde viel getragen (das einzig mögliche bei seinem Opisthotonus!) und nun liegt er seit kurzem gemütlich in der Hängematte des Fahrradanhängers.

Kuschelig weich in der Hängematte!

Die Hängematte ist gerade Gold wert. Sie ist ausgelegt für Babys bis circa einem Jahr. Sitzen die Babys oder Kleinkinder stabil, können sie im Wagen auf dem Sitz Platz nehmen.

Bei uns wird das mit einem Jahr noch nix sein, mit dem Sitzen. Und so nutzen wir den Vorteil unserer kleinen und leichten Kinder. Wir benutzen die Hängematte einfach so lange, bis der Kleine nicht mehr angeschnallt werden kann, bzw. bis er sicher sitzt!

Und da hier wirklich noch einiges an Spiel vorhanden ist, besteht die Hoffnung, dass wir für den Transport draußen wirklich kein Hilfsmittel benötigen. (Viele Familien mit Kleinkindern, die noch nicht sicher oder weit laufen können, haben entweder einen Reha-Buggy oder auch so einen Fahrradanhänger!)

Hilfsmittel Beschaffung

Was wir uns so natürlich auch sparen ist die Diskussion mit der Krankenkasse. Ich lese so viele Berichte über monatelange Diskussionen, dass ich jetzt schon doppelt keine Lust mehr habe, diese zu bestellen. ?

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