Morgens haben wir gekuschelt und ich hörte das erste mal seit zwei Tagen wieder den Monitor piepsen. Nach dem dritten Mal piepsen kam die Pflegerin rein. Sie meinte mit einer Umlagerung auf den Rücken, könne die Sauerstoffsättigung evtl. stabiler sein.

Also half sie mir ihn umzulagern. Von meiner Brust kam er in meine Armbeuge und siehe da: das Piepen hatte sich erledigt.

Beim Nachmittags-Besuch durfte ich Windeln wechseln und hab mit ihm danach noch „gequatscht“ während ich abpumpte. Da war die Sättigung schon meist Anfang der 80%. Also sehr knapp.

Als mein Mann dann vom Abendbesuch kam, hatte die Kinderärztin bereits den Kardiologen dazu geholt. die Sättigung war da meist unter 80 % gewesen.

Zur Not stand wieder das Medikament Minprog im Raum, in der Hoffnung den Ductus wieder zu weiten. Viele Möglichkeiten die Sättigung wieder zu stabilisieren hätten sie so akut nicht.

Und so wurden wir in die Nacht geschickt. Mit einem Kopf und einem Bauch voller Sorgen, wie die Lage morgen aussieht und was als Nächstes zu geschehen hat. Denn um einen weiteren Eingriff kommen wir in dieser Lage nicht drum herum. Und bisher hatte ich eine weitere OP noch innerlich weit von mir geschoben, allein deswegen, weil alle Ärzte so entspannt waren. Und nun diese Kehrtwende. Zu schnell für mich.

Dabei hat er ganz friedlich geschlafen, sagte mein Mann. Und auch vorher neugierig herumgeguckt. Ganz so, wie in den vergangenen Tagen! Ihm sei nichts anzumerken gewesen. ??‍♀️

Und zum ersten Mal verspüre ich den Drang, nachts anzurufen und mich zu erkundigen…

Aber was bringt mir das!? Bei wirklich wichtigen Entwicklungen werden wir angerufen. Vor allem, wenn Entscheidungen getroffen werden müssen. Kein Anruf bedeutet, es muss keine Entscheidung getroffen werden.

Ich schau mal, wie ich jetzt nach dem Nacht-Pumpen wieder ans schlafen komme. Die neue große Schwester schmiegt sich an mich. Für sie ist ein kranker Bruder in einer Klinik jetzt die neue Realität. Obwohl sie ihn noch nie gesehen hat, außer auf ausgewählten Fotos und Videos, freut sie sich wie eine Schneekönigin, wenn sie uns Knuddeler oder Küsschen für ihn mitgibt. Selbst mit einem nicht-sichtbaren Bruder lebt sie voll im Moment. Und ich glaube, ich sollte mir davon eine Scheibe Abschneiden…

Tag 10

Der Mann versucht schon morgens die Intensivstation anzurufen, doch es ist besetzt. Wahrscheinlich sind wir nicht die einzigen, die sich Sorgen machen. Beim zweiten Versuch die Bestätigung: die Nacht war zwar eine geringe Sauerstoffsättigung, aber ansonsten sehr ruhig.

Dann mein morgendlicher Kuschelbesuch. Das Windeln und das Kuscheln waren wieder begleitet vom beständigen Piepen. Manchmal fällt die Sättigung bis in die 60er.

Kein Wunder, dass wieder das EEG-Team vorbeischaut und ihr EEG zieht. Auch nicht förderlich für den Blutdruck. Weder seinen noch meinen ?

Die Ärztin holt den Kardiologen dazu. Kurze Besprechung: der Plan für die weiteren „Herz-Schritte“ müsse bald gefasst werden. Bis dahin wird versucht die Sättigung wieder mit einer Atem-Unterstützung zu stabilisieren. Dieses Mal mit dem „Stephan-System“, weil die Maske mit den ganzen Sonden nicht gut abdeckt. (https://www.stephan-gmbh.com/wp-content/uploads/2018/01/Teaserbild_1.jpg)

Für den Plan benötigen die Kardiologen noch ein CT, das ist für den Nachmittag geplant. Und so hält jede „Schicht“ Neuigkeiten für uns bereit.

Klar ist bisher nur: um den kleinen Kämpfer zu stabilisieren, also seine Sauerstoffsättigung zu stabilisieren, muss diese Woche was passieren. Als Alternativen stehen im Raum ein Herzkatheter um die Pulmonalarterie zu weiten oder eine größere OP um eine weitere Verbindung zur schmalen Pulmonalarterie zu ermöglichen.

Zunächst war mein Favorit der Herzkatheter, weil er einfach der kleinere Eingriff ist. Nach einem weiteren Besuch voller Alarme bin ich nun aber der Ansicht, dass es der nachhaltigere Eingriff werden soll. Für ein Dauer-Piepen und für permanente Sorgen, wenn wir ihn zu Hause haben, hätten wir einfach keine Kraft. Das Leben am unteren Limit der Sauerstoffsättigung ist uns zu nervenaufreibend.

Und nun warten wir, dass uns die Kardiologen ihren Plan präsentieren… morgen ist Chefarzt-Visite. Wir sind gespannt.

PS: Update an der Hunger-Front! Der kleine Herr hat heute die Flasche mit 5 ml Muttermilch angeboten bekommen. Danach hat er geschaut wie ein zukünftiger Junkie ? der Blick sagte „einfach geil!“ ?

Das kleine Abendfläschchen hat er in weniger als 10 Zügen weggeext ???

2 Comments

  1. Wiebke Joormann-Scholz 27. Mai 2022 at 05:53 - Reply

    Liebe Claudia, ich fiebere hier mit und sende euch ganz viel Energie und Kraft rüber.

    Was ein kleiner Kämpfer!

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